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Bild des Benutzers Carlito
Verbunden: 19. November 2005 - 0:00
Hohe Prismenwerte - Gleichtsichtbrille oder Bifokalbrille?

Hallo zusammen

Ich war diese Woche beim Optiker und meine Prismenwerte sind von aktuell 40 Prismen auf 47 Prismen basis aussen gestiegen. Zudem macht sich neu auch die Nähe bemerkbar, für die Weite hab ich bereits eine Korrektur (leichte Pluswerte), nun soll es in die Nähe eine Addition von +1.5 pdt geben. Frage an das Forum: bei meinen doch sehr hohen Prismenwerten (links neu 23 pdpt b.a., rechts neu 24 pdpt. b.a.), empfiehlt sich da ein Bifokalglas oder ein Gleitsichtglas? Meine Optikerin fragt bei Zeiss nach, was da noch möglich ist, aber allenfalls gibts Empfehlungen, die eher für ein Gleitsichtglas oder für ein Bifokalglas sprechen.

Vielen Dank und freundliche Grüsse

Carlos

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Hallo "Carlito",

bei Mehrstärkenkorrekturen werden Wirkungskomponenten max, um ca. 20 bis 25 cm/m Gesamtwirkung zu fertigen sein. Bei Bifo geht etwas mehr, gegenüber Gleitsichtbrillen-Linsen.

Höhere Wirkungen kann man zusätzlich über den Einsatz von einer(!) Prismenfolie erreichen. Da dieselbe aber die Kompensationsauswanderung des Augenpaares beeinflusst (Auswanderung entgegengesetzt zur Basis des Prismas, das ist der dickeTeil), sollte eine solche Kombination besser über Bifokalbrillen-Linsen erfolgen. Denn pro 4.0 cm/m Prisma ändert sich die Augenstellung um 1.0 cm zur Ausgangslage. Das führt zu Problemen bei den sogenannten "Gleitern", wegen der Progressionsbreite im Korridor des optimalen Nutz-Sehfeldes.

Allerdings ist eine brillentechnische Versorgung über den Maximalwert eines chirurgischen Eingriffs eh uneffektive. Bitte dies über eine Rückfrage beim augenoptischen Berater mit dem späteren Operateur klären und absprechen. Sollten deutlich höhere Werte getragen werden, als wie hinterher beim operativen Eingriff umgesetzbar sind, wird danach die Seheingewöhnung kritisch erschwert. Da dann nach der OP zunächst eine völlig neue ungewohnte Verarbeitung in der Seh-Ausgangslage geschaffen wurde. Besser ist es jedenfalls, wenn die Op eindeutig(!) fehlende Restprismenwerte noch mit erfassen kann, der notwendige Eingriff also aus einer Unterkorrektion heraus erfolgt. Idealerweise wird eine "Vollkorrektion" vorher mind. 1/2 Jahr genutzt und gut vertragen.

Die Obergrenze für einäugige Ops´ liegen bei max. 40 cm/m, an max. drei Muskelsehnen. Gerne werden eher geringere Werte ausgeführt und max. an zwei Muskelsehnen angegangen. Das erhöht die Genauigkeit in der Reproduktion des Eingriffs, führt aber zu Werten von max. 25 bis 30 Prismen in einem OP-Schritt. Teils wird in einer kombinierten OP beiderseits auf einer Seite der Seitenwert und auf der anderen Seite der Höhenwert korrigiert, manchmal auch eine kombinierte Seitenwirkung. OP-Werte unter 8 Prismen sind auch eher heikel, da die OP-Strecke an der Augensehne sehr klein bleibt. Die Restfehlergrösse ist einfach ungenauer einzugrenzen.

Bei einer OP geht es allermeist um die Korrektur des Winkels beider Augen zueinander und nur in Grenzfällen spielt die Frage des "Schielauges" eine Rolle. Wichtig ist hier, dass die volle Beweglichkeit für beide Augen nach dem Eingriff gewährleistet bleibt.

Wenn wir schon dabei sind einen Rundumschlag zu tun, sei noch auf die Möglichkeit eines fast inaktiven Muskels, wegen Überdehnung (schlechte Druchblutung) hingewiesen. In seltenen Fällen wurde dieser -wegen des hohen Stellungswertes- kaum genutzt, aktiviert sich aber manchmal nach einem Op-Eingriff, oder nach einer gut geführten Brillenkorrektion und beeinflusst den später gefundenen (Rest-)Winkel unter dann neuen deutlich geänderten Werten. Das spricht eindeutig gegen zu frühe OPs´, vor allem bei höheren Prismen-Wirkungen und bei sichtbaren Schielern. Durchaus eine der Ursachen, wenn nach einer OP ein Schielen in der Gegenrichtung auftritt.

Fatal ist dann jedenfalls eine zu schnelle Rück-OP, die nur dazu führt, das die Sehnenstrecken der Muskeln weiter gekürzt werden. Richtig wäre hier ein umgehender Winkelausgleich per Brille, hoffentlich unter Vermeidung von Doppelbildern, bzw. wenn mit deren angestrebten Behebung.

Übrigens, wie wäre es in Deinem Fall mit einer Additionsfolie (1,5 dpt)  auf Deiner Einstärken-Prismenbrille. (Achtung, die Haftung ist dabei der kritische Punkt) Du hast eine höher nutzbare Prismenwirkung und eine Bifokal-Brille. Es gibt hierzu Fresnel-Linsenfolien oder Additionsfolien, wie kleine Linsen selbsthaftend.

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers Carlito
Verbunden: 19. November 2005 - 0:00

Herzlichen Dank für die detaillierten Ausführungen und Erklärungen, Herr Mosch. Das hilft mir sehr.

Und mein Beileid an Sie und an die Familie von Herrn Luckas, den ich hier immer als ebenfalls sehr sachlichen, zuvorkommenden Moderator erlebt habe.

Beste Grüsse

Carlito

 

Das freut mich sehr! - Ja, Eberhard war ein ganz patenter und vielseitig versierter Augenoptikerkollege. Er wird im Forum und ganz sicher in jeder Beziehung auch in seiner Familie und Bekanntschaft vermisst werden.