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Bild des Benutzers Vision
Verbunden: 29. August 2022 - 9:00
Ab wann wird das schielende Auge tatsächlich ausgeblendet?

Hallo,

bei der Schielambulanz sagte man uns letztens, dass das schielende Auge unseres Babys praktisch IMMER ausgeblendet wird, außer in den seltenen Fällen, wenn beide Augen tatsächlich 100 %ig parallel zueinander stehen.

Wie passt das dann aber damit zusammen, dass ich hier im Forum an vielen Stellen gelesen habe, dass ein sehr geringer Schielwinkel (ich glaube es waren bis zu 5 Grad) in der Regel nicht operiert wird? Daraus hätte ich nämlich eigentlich geschlossen, dass ein geringer Schielwinkel nicht direkt zum Ausblenden des betroffenen Auges führt und das Hirn die beiden Bilder doch noch irgendwie miteinander verschmelzen kann. Oder ist hier stets gemeint, dass eine Brille zum Ausgleich benötigt wird?

Danke für die Hilfe!

Bild des Benutzers Vision
Verbunden: 29. August 2022 - 9:00

Ergänzung: Durch die Okklusionstherapie wirkt es nun nämlich mittlerweile oft so, dass die Augen fast parallel stehen und der Schielwinkel nur minimal vorhanden ist. Wenn das schielende Auge in diesen Momenten tatsächlich ausgeblendet wäre, würde es doch eigentlich keinen Sinn machen, dass das Auge diese mittlerweile fast schon parallele Stellung überhaupt erst einnimmt.

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Die Abklebetechnik (Occlusionstherapie) wird  in erster Linie benutzt, wenn sich ein Sehschärfeunterschied zwischen beiden Augen auftut und kein alternierendes Fixieren (mal R, mal L) ausgebildet hat. Dann arbeitet man darauf zu.

Es wird das führende Auge (das mit besserer Sehleistung) stundenweise abgeklebt um das zurück gebliebene Auge durch dies erzwungene Sehen zu fördern und es auch bewusst am Sehvorgang teilnehmen zu lassen. Denn sonst schaltet es sich ja ab, um keine Doppelbilder zu erzeugen. Dabei wird in Kauf genommen, dass ein normales beidäugiges Sehen blockiert wird. Jedes Abkleben gibt also gleichzeitig zu, das es ein Problem im Binokularsehen beider Augen gibt, das nicht korrigiert werden soll, sondern nur zu einem alternierenden subnormalen Einäugigen Fixieren angeleitet werden soll. Dabei will man jedoch die Sehschärfe durch erzwungenes Benutzen des sehschwachen Auges fördern. Diesem Vorteil, steht der zeitgleiche Nachteil gegenüber, nur monokulare Sehstrukturen und das Bilden solcher Nervenbahnen im Gehirn zu fördern. Dies muss den Eltern bewusst sein. Zumal die binokularen Prägungsphase wesentlich in den ersten zwei Lebensjahren verläuft und anschließend nur noch bruchstückfaft optimiert werden kann.

Dies setzt aber unbedingt beste monokulare und binokulare brillentechnische Korrektionen schon in frühen Lebensjahren voraus. Natürlich abhängig vom Alter des Kindes. Dies wird aber durchweg in der Augenheilkunde und Ihrer Sehschulen nicht propagiert und diese Möglichkeit wird sogar teils massiv, was den Erfolg betrifft, bestritten. Da sieht es in Deutschland leider eher düster aus.

In meiner aktiven Zeit habe ich als Augenoptiker sehr aktiv mit einem niedergelassenen Ophtalmologen zusammengearbeitet, der schon Säuglinge operiert hat, wenn sie früh genug zu Ihm fanden und wir haben diese dann auch bestmöglich korrigiert und versorgt ohne die Augen abzukleben. Das ist ca 25 bis 35 Jahre her, und der Augenarzt ist heute in Pension.

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Ergänzung: Durch die Okklusionstherapie wirkt es nun nämlich mittlerweile oft so, dass die Augen fast parallel stehen und der Schielwinkel nur minimal vorhanden ist. Wenn das schielende Auge in diesen Momenten tatsächlich ausgeblendet wäre, würde es doch eigentlich keinen Sinn machen, dass das Auge diese mittlerweile fast schon parallele Stellung überhaupt erst einnimmt.

Ja, dies ist durchaus ein gewünschter Teilerfolg.

Man nennt es subnormales Binokularsehen bei nicht idealer Netzhautkorrespondenz.

Sollte sich der Schielwinkel später dennoch vergrössern und ein weiterer Eingriff  (Schiel-Operation) erforderlich werden, kann es leicht passieren, das aufgrund dieser frühkindlichen falschen Prägungsphasen und Massnahmen, später bleibende Doppelbilder auftreten und stören, Unser Forum wimmelt von solchen Erfahrungen im Jugend- und Erwachsenenalter. Dabei waren es allermeist nur Wünsche auf ein kosmethisch besseres Aussehen, die den OP-Wunsch auslösten. Es ging fast nie um den Anspruch an eine bessere Beidäugigkeit des Sehens. Wenn dann aber plötzlich bleibende Doppelbilder stören - wer hilft dann noch?

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)