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Bild des Benutzers Jens B.
Verbunden: 10. Mai 2025 - 10:19
Gedanken nach Sehtest / keine Sehbeschwerden vor dem Sehtest

Hallo liebes Forum,

ich möchte hier eine Frage stellen, da mir nach dem Sehtest noch länger etwas durch den Kopf gegangen ist und ich bis jetzt auch keine großen Berührungspunkte mit der Materie hatte. 

Kurzform:
Keine Sehbeschwerden, 37 Jahre alt
Zwei Sehtests (mittags/nachmittags an zwei unterschiedlichen Tagen) gemacht, jeweils wurde mir gesagt, dass ich keine Brille benötige und dennoch war ich etwas verunsichert nach den Tests und habe mir etwas „Sorgen“ gemacht.

Folgende Situation:
Ich war zum Kauf einer neuen Sonnenbrille beim Optiker und habe dort spontan auch einen Sehtest gemacht, da der letzte schon ein paar Jahre zurück lag.
Probleme beim Sehen habe ich bei mir allerdings keine wahrgenommen, weder beim Lesen, noch beim Autofahren o.ä. Ich wollte also nur einfach mal sichergehen, dass alles okay ist, da ich eh gerade da war.

Es wurde sich beim Optiker dabei viel Zeit genommen, um mir den Sehtest zu erklären. Erst wurde eine objektive Vermessung mit einem Autorefraktometer gemacht und anschließend eine subjektive Messung mit einem Phoropter.
Ich konnte einzeln auf beiden Augen sofort die Zahlen bei 1,0 erkennen. Mit beiden Augen zusammen konnte ich auch die 1,25 gut erkennen. Der Optiker sagte ich hätte gute bis überdurchschnittliche Augen und würde keine Brille benötigen.

Irgendwie ging mir nach dem Sehtest noch mal was durch den Kopf: Man wird ja gefragt, ob man auf dem Auge einzeln mit einem anderen Glas im Phoropter „besser oder schlechter“ sehen kann. Manchmal konnte ich das gar nicht 100%ig sagen, aber habe das auch nicht stark hinterfragt und wusste ja auch nicht welches Glas gerade eingelegt ist.

Da mir das durch den Kopf ging (muss dazu sagen, ich bin ein Kopfmensch) bin ich noch mal an einem anderen Tag zu dem Optiker und habe gefragt, ob ich noch mal durchschauen darf mit den verschiedenen Glasstärken.
Erstmal konnte ich wieder mit beiden Augen einzeln die 1,0 gut sehen und mit beiden Augen zusammen auch die 1,25. Also ein gleiches Ergebnis (beide Male war ich mittags oder spätnachmittags dort).
Beim Durchschauen der einzelnen Augen konnte ich bei dem rechten Auge aber die Frage, ob es mit -0,25 noch besser oder schlechter wird nicht 100%ig beantworten. Erst war ich der Meinung, dass es mit -0,25 schlechter ist und danach war ich der Meinung es ist vielleicht auch identisch. Die Zahlen konnte ich mit beiden Gläsern (also 0,00 und -0,25) lesen. Informativ: Bei -0,5 war es definitiv schlechter!

Mich hat das verunsichert. Die Optikerin sagte mir aber, dass man diese kleinen Unterschiede manchmal nicht wahrnimmt (ins. wenn man -0,25 eigentlich nicht "benötigt"). Ich durfte dann auch noch mal ohne Phoropter auf die Zahlen schauen. Ich hatte das Gefühl, dass ich alles noch etwas schärfer (links, rechts und mit beiden Augen zusammen) ohne den Phoropter sehen konnte. Mit beiden Augen zusammen war es gefühlt 4k scharf Smile

Mir wurde dann auf meinem Wunsch noch mal ein Glas mit -0,25 manuell zum Vorhalten gegeben, weil ich meinte, ich habe das Gefühl durch den Phoropter minimal schlechter zu sehen. Bei dem mehrmaligen manuellen Vorhalten des -0,25 Glases war ich mir (auch einzeln auf dem rechten Auge) sicher, dass es etwas schlechter ("verwaschener") mit -0,25 wird. 
Die zweite Optikerin hat mir nochmals gesagt, dass ich mir keine Gedanken machen muss, da es immer etwas schwanken kann und ich nun zwei Mal das Ergebnis hatte, dass ich 1,0 und sogar 1,25 sehen konnte. Zudem sagte sie mir, dass ich schon einen deutlichen Unterschied merken müsste, wenn ich eine Brillenstärke benötige und -0,25 zudem kein Grund für eine Brille ist, wenn man die Zahlen gut sehen kann.

Nun zu meinen Fragen:
1) Ist es normal, dass ein Kunde manchmal -0,25 als „nicht besser/schlechter“ sondern nur „gleich“ subjektiv durch den Phoropter beurteilen kann?  
2) Kann es wirklich sein, dass man durch den Phoropter das anders wahrnimmt, als mit freiem Blick?

… vielleicht mache ich mir auch zu unrecht „Sorgen“ bzw. zu viele Gedanken. Ich hatte bis jetzt nie wahrnehmbare Probleme mit dem Sehen und habe nun nur nach dem Test darüber nachgedacht, da ich die eine Frage durch den Phoropter nicht 100%ig sicher als besser oder schlechter beantworten konnte.

Herzlichen Dank!!!
Viele Grüße
Jens B.

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Nun zu meinen Fragen:
1) Ist es normal, dass ein Kunde manchmal -0,25 als „nicht besser/schlechter“ sondern nur „gleich“ subjektiv durch den Phoropter beurteilen kann?  

Eine Versorgung mit einem "Minus-Glas" darf nur gegeben werden, wenn der Seheindruck eindeutig "besser" wird. Denn mit 37 Jahren springt hier Deine noch vorhandene Akkomodation ein und gleicht die Minuswirkung blitzschnell aus, dass ist der Hintergrund!

2) Kann es wirklich sein, dass man durch den Phoropter das anders wahrnimmt, als mit freiem Blick?

Du schaust bei einem Phoropter durch einen Kanal von Linsen, die alle Reflexe haben und je nach Justierung und Position hinter dieser "Linsenschleuder" ist auch eine Beeinträchtigung durch die Begrenzungen der Durchblicksöffnungen möglich. Besser aber zeitaufwendiger (und nicht jedermanns Sache) ist die Messung über eine gut angepasste "Messbrille" mit Einzellinsen.

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers Jens B.
Verbunden: 10. Mai 2025 - 10:19

Lieber Herr Mosch, hallo zusammen,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich hätte noch einmal eine Nachfrage:

"Eine Versorgung mit einem "Minus-Glas" darf nur gegeben werden, wenn der Seheindruck eindeutig "besser" wird. Denn mit 37 Jahren springt hier Deine noch vorhandene Akkomodation ein und gleicht die Minuswirkung blitzschnell aus, dass ist der Hintergrund!"

Trifft das auch bei einem Zylinderglas mit 0,25 zu (die gibt es ja m.W.n. in + und - Schreibweise)?
Da war ich auch der Meinung, dass sich mit den 0,25 rechts im ersten Moment der Meinung es wird schlechter und kurz danach war ich mir nicht mehr 100%ig sicher - als wenn mein Auge "nachgestellt" hätte. Als wir das dann noch mal wiederholt hatten, hatte ich den Eindruck, dass es mit 0,00 etwas besser sei.

Der Optiker hatte dann 0,5 Zylinder gar nicht mehr getestet (und ich fragte mich hinterher wieso, womöglich ist das aber die Erklärung). 

Herzlichen Dank noch mal für die Beantwortung der Fragen - wirklich nicht selbstverständlich!

Herzliche Grüße,

Jens

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Beim sogenannten Kreuzcylinder wird der Wert kreuzweise abgeschwächt bzw. verstärkt dargeboten. 

Wird der Seheindruck in einer Vorhalteart verbessert, wird in dieser Art "abgeschwächt oder verstärkt", dass klappt auch in der Achslagen-Verdrehung. Sind beide Werte gleich schlecht, ist der eingesetzte Grundwert der korrekte Brillen-Linsenwert.

Kreuzcylinderwerte sind abgestuft in 0,12 dpt; in 0,25 dpt; 0,50 dpt und in 1,00 dpt. Der Prüfer sucht sich die je nach Visuslage vernünftigste Variante aus, damit der Probant weder unterfordert, noch überfordert wird.

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers Jens B.
Verbunden: 10. Mai 2025 - 10:19

Vielen Dank nochmals.

Was mich noch mal interessieren würde: Kann auch bei Zylinder-Gläsern meine "vorhandene Akkomodation" mit 37 Jahren (wie Sie es oben beschrieben hatten) einspringen? Wenn ich Sie richtig verstanden habe, trifft das auch hier zu.

Letztlich wurde es aber, wie oben beschrieben, auch bei dem Test der Hornhautverkrümmung mit Zylindergläsern nichts wirklich wahrnehmbar besser. Der Test wurde ja nur auf meinem Wunsch noch mal wiederholt, da ich sichergehen wollte und nochmal vorbeigeschaut hatte.

Zudem sagte mit der Optiker unabhängig davon, dass die meisten Menschen eine geringe Hornhautverkrümmung hätten und das dies durchaus auch "normal" sei.

 

In der Sphäre hatte ja auch keins der +-0,25 Gläser eine wahrnehmbare oder gar signifikante Verbesserung gebracht.

 

Mir wurde bei dem erneuten Besuch beim Optiker auch nochmal gesagt, dass ich ja mit den Augen einzeln und zusammen die Zahlen bei jedem Besuch direkt lesen konnte (Visus 1,0 bzw. 1,25). Wahrscheinlich bin ich da einfach wirklich nach dem Test zu "verkopft" gewesen - obwohl mir gesagt wurde, dass alles ok sei. Mir wurde empfohlen, dass ich, wenn ich wie bis jetzt keine Probleme beim Sehen wahrnehme, in ca. zwei Jahren einfach einen weiteren Sehtest machen soll. Irgendwann wird ja spätestens zwischen 40-45 mindestens die Alterssichtigkeit einsetzen.

Danke nochmals für alles.

VG

Jens

Bild des Benutzers Paul-Gerhard Mosch
Verbunden: 26. Juli 2002 - 0:00

Danke für die Zusatzrückfrage!

Unser Augensystem ist sehr dynamisch tätig! - Dazu gehört auch die Akkommodation die zusätzliche Inanspruchnahme der Krümmungszunahme der Augenlinse. 

Diese wird aber um Laufe des Lebens immer geringer. Das spürt aber auch ein ca. 37-jähriger schon merklich. Er muss nur mal den Schärfenahpunkt vor seinem Auge aufsuchen. (Das ist der Punkt, bei dem er eine kleine Schrift dichtestmöglich vor dem Einzelauge noch glasklar erkennen kann, noch näher wird es krass unscharf. Dies gelingt einem Erstklässler in 5-6 cm Abstand! Achtung, noch näher vor die Nasenspitze kommt in dem Alter ein schon "Kurzsichtiger" Kandidat, dies ist jedenfalls kein Vorteil. Beim 15-jährigen liegt dieser kürzeste Nahpunktabstand schon bei ca. 8-10 cm und beim 25-jährigen sind es schon fast 20 cm. Beim 50-jährigen reicht dann die Armlänge kaum noch aus (ohne Nahsichtunterstützung).

Nun kommt aber noch ein Faktor hinzu. Welche Visusabstufung hat das menschliche Auge. Wir haben gehört, Adler und Falken haben eine sehr hohe Sehauflösung. Sie können aus großer Höhe noch kleine Mäuse und ähnliches Getier orten und unterscheiden. Visus 300 - 500% oder Visusabstufung: 3.0 - 5.0 entsprechend. Hier schafft es das menschliche Auge nicht hin. Aber 100% ist kein Maximum! Die 1,25 Visus geben hier schon einen Hinweis. Diese Prozentzahlen sind eher vergleichbar mit Belastungsreserven bei Brücken, Balkonen etc. Da sind Faktoren ab 300% aufwärts eher das Normal! 

Nun das menschliche Auge schafft das nicht, aber ein gut korrigiertes Auge kann die Schwelle von 2,0 knacken, max. ca. 2,5! Da aber diese Schwellen aufwendiger zu prüfen und zu korrigieren sind, gibt man sich mit 0,8 - 1.0 als Messkriterium häufig zufrieden, und da ist dann oft auch noch ein Spiel der Akkommodation mit dabei, was wiederum eine gewisse Sehunruhe auslöst. Augenärzte schalten diese dann gerne durch Akkommodationshemmer (Atropin, etc.) aus, was aber in sich auch einen Einfluss auslöst, da hier gewisse Gifte das System vorübergehend lähmen. Auch nicht der Weisheit letzter Schluss.

Generell arbeitet der Faktor Zeit und Erfahrung bei einer Brillen-Linsenbestimmung hilfreich mit, um mit feineren Sehtesten und damit hoher Sehanforderung dem Akkommodationsstress Abhilfe und Parole zu bieten. In einigen Sehprüfphasen wird auch Sehen leicht genebelt, künstliche Kurzsichtigkeit provoziert (z.B. bei der Kreuzzylindernebelmethode) um so akkommodative Effekte abzubauen. 

Je schneller ein Sehtest (z.B. nur durch einen Apparatetest) abläuft, desto mehr darf das Ergebnis hinterfragt werden. Ebenfalls, wenn zu grobe Sehanforderungen in einer Prüfung zugrunde liegen. Heutige Sehprüftafeln sollten Visusabstufungen mind. bis 2.0 integriert haben und diese sollten auch in die Messung mit einbezogen werden. Da diese logarithmisch abgestuft sind, ist 1,0 ein/viertel vom Wert von 2.00. Soviel zum vielbeschworenen Wert: 100% Sehschärfe!

Viele Grüße:

Paul-Gerhard Mosch (PGM)

Bild des Benutzers Jens B.
Verbunden: 10. Mai 2025 - 10:19

Sehr geehrter Herr Mosch,

herzlichen Dank für die Erklärungen!!

Der Mensch ist wirklich faszinierend, wobei in dem Fall der Adler noch faszinierender ist. Da kann man ja neidisch werden!!!

Ich muss sagen ich fand es wirklich positiv wie viel Zeit sich der Optiker/Optikerin genommen haben - insbesondere auch für meine zwei erneuten Besuche (inkl. erneuten „Test“), weil es mir noch durch den Kopf ging.
Zudem muss ich sagen bin ich auch positiv „überrascht“ (das ist eigentlich das falsche Wort, meine das nicht negativ wertend!), dass man auch nicht versucht hat mir eine Brille aktuell „aufzureden“ - sondern im Gegenteil gesagt haben, dass ich mich aktuell nicht sorgen muss.

Herzliche Grüße und danke nochmals für Ihre Erläuterungen!!!! 

Jens